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Kommentar: Schlusspunkt
Alle Jahre wieder ist die Verschuldung eines der Themen, das in Haushaltsreden und Jahresendbilanzen zur Sprache kommt. Dabei wird ständig der Eindruck vermittelt, nur wer wenig neue Schulden zulässt, fährt einen finanzpolitisch soliden Kurs. Doch solide ist, was der Bürger auch in der Zukunft noch gefahrlos nutzen kann. Der Bürgermeister rechnet vor, dass der Schuldenstand der Stadt bis zum Jahr 2021 auf "besorgniserregende" 62,25 Millionen Euro ansteigen könnte. Besorgniserregend sei das deshalb, weil man den Abbau der Verbindlichkeiten der kommenden Generation hinterlasse. Was der Bürgermeister nicht sagt, aber zur Vollständigkeit dazugehört, ist, dass die nächste Generation neben den Schulden, auch die Vermögenswerte der Stadt erbt, also Straßen, Gebäude, Kanalisation usw. Schaut man in die Finanzplanung des Haushalts, würde sich die sogenannte Nettoposition, also das gemeinsame Vermögen der Bürgerschaft, im Jahr 2021 auf rund 172,44 Millionen Euro belaufen. Wer also vor einer Pro-Kopf-Verschuldung von 1600 Euro warnt, müsste gleichzeitig ein Pro-Kopf-Vermögen von rund 4200 Euro dazuschreiben, damit ein vollständiges Bild entsteht. Muss die Stadt wegen der Schulden also einen negativen Schufa-Eintrag fürchten? Nein. Denn wenn es gelingt, die Rahmenbedingungen klug zu setzen, wobei auch Bund und Land eine Mitverantwortung tragen, schafft das Anreize für Bürger und Unternehmen. Sie siedeln sich an, investieren selbst und sorgen mit ihren Steuern, Abgaben und ihrem Konsum für höhere Einnahmen auf Seiten der Stadt. Voraussetzung dafür ist aber eine funktionierende Infrastruktur und eine mit Personal ordentlich ausgestattete Verwaltung, die die vielfältigen Aufgaben der Daseinsvorsorge auch künftig noch erledigen kann. Es wäre daher schön, wenn Personal nicht immer nur als Kostenposten betrachtet wird. Zu den wichtigen Aufgaben zählen dann auch die "Freiwilligen Leistungen", die ja nicht deshalb entbehrlich sind, nur weil ihnen das Wörtchen freiwillig vorangestellt wird. Wer Zuschüsse für sinnvolle Projekte, die das Gemeinwesen fördern und damit einen Beitrag zum Zusammenhalt der Gesellschaft leisten, streicht oder zur Disposition stellt, schafft sich genau den "Wutbürger", über den er oder sie sich dann in Haushaltsreden und Jahresbilanzen wortreich beklagt. André Tautenhahn
vom 30.12.2017 | Ausgabe-Nr. 52B