Ortsbürgermeister Thomas Silbermann sagte ihm im persönlichen Gespräch: „Du hast den Kulturring gerettet.“ Soweit möchte Wiese im Gespräch mit dieser Zeitung nicht gehen. Der Preisträger selbst sagt aber: „Da kann man unterschiedlicher Meinung sein. Ich habe den Kulturring vielleicht modernisiert, aber sicherlich nicht allein.“ Wiese stellt die Teamarbeit im Vorstand in den Mittelpunkt. Auf die Frage, ob er denn den Ortspreis verdiene, sagte er mit einem Augenzwinkern: „Ich würde dem nicht widersprechen, aber beurteilen müssen das andere. Ich freue mich jedenfalls sehr über die Auszeichnung.“

Ein Lebenswerk

Die Beurteilung fällt auf jeden Fall deutlich aus. Laudator Sören Thoms (Fraktionssprecher der SPD im Ortsrat) sagte: „Die Wunstorfer Kulturlandschaft sähe heute anders aus, wenn Ludger Wiese nicht Mitte der Achtziger einen neuen Job übernommen hätte.“ Gemeint ist die Gründung der Musikschule Wunstorf, die Wiese fortan 35 Jahre lang prägen sollte. Wiese selbst hebt die Entwicklung der Schülerzahlen von anfänglich 330 auf inzwischen rund 1200 hervor. „Das ist eine große Leistung und fundamentale Entwicklung. Die Musikschule ist mein Lebenswerk gewesen“, so Wiese. Die Zeit war geprägt von Höhepunkten im Stadttheater und auf dem Fliegerhorst, von zahlreichen Feedbacks der Schüler und Eltern. Wieses Ehefrau Kerstin Petersen ergänzt, dass es ihm auch immer darum gegangen sei, da zu sein, bei jedem Vorspielabend und bei jeder Veranstaltung. Das Dabeisein beschreibe ihn am besten, so Petersen.

Kommen sehen

Diese Präsenz brauchte es wiederum, um erfolgreich Kontakte knüpfen zu können, was eine große Stärke des 69-Jährigen ist. Die ausgeprägte Fähigkeit, ein Netzwerk bilden und darauf zurückgreifen zu können, blieb auch dem Gremium nicht verborgen, das sich 2018 um einen neuen Vorstand beim Kulturring bemühte. Der damalige Erste Stadtrat und heutige Bürgermeister Carsten Piellusch trat an Wiese heran mit der Bitte, im neuen Vorstand mitzuwirken. Da aber niemand den 1. Vorsitz übernehmen wollte, lief es auf Wiese hinaus, vermutlich weil er nicht laut genug „nein“ gesagt hat. „Ich habe das kommen sehen, obwohl ich gar kein Theatermensch bin“, so Wiese. Jedoch waren vor allem die Kompetenzen in Organisation und Verwaltung ausschlaggebend.

Schere Zeiten

Die Zeit beim Kulturring beschreibt Wiese als sehr anstrengend und mit Blick auf die Corona-Pandemie zum Teil auch als frustrierend „Das hat wegen der vielen Regeln und Absagen überhaupt keinen Spaß gemacht und ich habe da auch einen Durchhänger gehabt“, so Wiese. Laudator Sören Thoms hob dagegen anerkennend hervor: „Ich weiß nicht, ob es den Kulturring noch in dieser Form geben würde, hätte Ludger Wiese nicht alles in dieser schweren Zeit so im Blick gehabt.“ Dass es der Verein durch diese schwere Zeit geschafft habe, sei dem Vorstand und ganz besonders Ludger Wiese zu verdanken, der immer wieder Fördermöglichkeiten und Unterstützung für Kulturschaffende aufgetan habe. Schließlich sei es auch gelungen, die Abonnenten zu halten, die trotz ausgefallener Veranstaltungen dem Kulturring auch finanziell weiter die Treue hielten.

Professionelle Strukturen

Jedoch war Wiese klar, dass er die Arbeit als 1. Vorsitzender beim Kulturring nicht auf Dauer machen wollte und kündigte seinen Rückzug zwei Jahre im Voraus an. Wie umfangreich die Tätigkeit ist, die Wiese beim Kulturring leistete, zeigt die kürzliche Einstellung des hauptamtlichen Kulturmanagers Oliver Pohl. „Kulturarbeit können nicht nur Ehrenamtliche machen, sondern es braucht auch professionelle Strukturen“, so Wiese. Im Vorstand des Kulturrings wirkt er aber weiterhin mit. So sorgt er für den Informationsfluss zwischen den Akteuren sowie der Presse und ist an der Organisation von Veranstaltungen beteiligt.

Gute Entwicklung

Die Kultur in Wunstorf sei lebendig, sagt er. Für eine Kleinstadt passiere unheimlich viel. Nicht nur auf Seiten der Kulturschaffenden, die mit viel Engagement und Kreativität begeistern, sondern auch bei den Spiel- und Ausstellungsorten, wie dem Stadttheater, das kürzlich modernisiert wurde oder in der Stadtkirche sowie in der Abtei. Wiese ist zuversichtlich, dass sich im Bereich der Kultur auch in Verbindung mit dem Tourismus noch einiges in Wunstorf bewegen wird. „Es ist eine gute Entwicklung“, so Wiese. Foto: tau