Suchergebnisse (Subvention) | Wunstorfer-Stadtanzeiger

Bild

Klimaneutralität – wie wollen wir das schaffen?

Doch dann sind mir ernste Zweifel gekommen. Sind diese Vorgaben überhaupt realisierbar? Ist es überhaupt möglich, die Infrastruktur zu schaffen, damit das funktioniert? Derzeit verbraucht Deutschland pro Jahr etwa 550 Terrawattstunden (TWh) an Strom, das sind umgerechnet 550 Milliarden Kilowattstunden. Die Prognosen für die nächsten Jahre sind sehr unterschiedlich und bewegen sich von circa 715 TWh bis zu über 800 TWh. Welche Anstrengungen erforderlich sind, um diese riesigen Mengen an grünem (!) Strom zu produzieren, sind unter anderem an der Grafik ersichtlich. Diese Zahlenspiegel, nicht -spiele, lassen mich zweifeln, obwohl ich der geborene Optimist bin (mein Glas ist immer halbvoll, nicht halbleer). Wer soll die Hundertausende von notwendigen Wärmepumpen produzieren (China?) und dann installieren (Handwerkermangel!)? Werden die E-Autos ab 2035 für die breite Masse bezahlbar, gibt es genügend Ladepunkte und woher kommt das Geld für die versprochenen Subventionen für Stromer und Wärmepumpenheizungen? Der Bundeshaushalt ist durch die Corona-Kosten in Milliardenhöhe, 100 Milliarden zusätzlichem Verteidigungsetat, Kindergrundsicherung, und, und, und, arg strapaziert. Ja- das ist wohl alles alternativlos – trotzdem denke ich darüber nach, wenn nun noch weitere viele Milliarden an Hilfen hinzukommen, können die beiden Folgegenerationen die Zinsen noch erarbeiten, oder braucht es weitere zwei bis drei Generationen dazu? Ich habe keine Lösung; kein weißes Kaninchen, dass ich aus dem Hut zaubern kann. Der Klimaschutz ist nicht diskutabel; hoffentlich machen die 194 anderen Länder auf der Welt (Quelle: Vereinte Nationen 2023) auch mit. Der Geschäftsführer der Stadtwerke Schaumburg-Lippe sagte im Interview:“ … wir müssen das schaffen!“ Recht hat er – ich habe trotzdem Zweifel bei der derzeitigen „Deutschlandgeschwindigkeit“ – sorry!
Bild

Bergmanns Plauderecke

Bei der Frage der Lebensmittel ergibt sich zusätzlich die Überlegung, ob der Anbau direkt zur Lebensmittelproduktion – Stichwort Getreide zu Brot – oder als Futtermittel für Nutztiere – Stichwort Fleisch- und Wurstherstellung – dienen soll. In Deutschland wird derzeit eine Fläche von circa 16,6 Millionen Hektar landwirtschaftlich genutzt – bei einer Gesamtfläche von circa 35,7 Millionen Hektar. Ungefähr 60 Prozent dieser Fläche, circa 10 Millionen Hektar, zum Anbau von Futtermittel, 25 Prozent zur Produktion von Lebensmitteln und etwa 2,4 Millionen Hektar (14 %) Raps, Mais und Rüben zur Herstellung von Bio-Treibstoff und Energie. Dem Anteil von 60 Prozent der Futtermittelherstellung steht eine stetige Abnahme des Fleischkonsums in den vergangenen 30 Jahren gegenüber. Dieser sank von circa 63,9 Kilogramm pro Kopf im Jahr 1991 auf ungefähr 55 Kilogramm pro Kopf 2021 (Quelle: Statista). So viel zu den aktuellen Zahlen. Die Frage der Zukunft der deutschen Landwirtschaft wird jedoch von einer Vielzahl von weitreichenden Entscheidungen geprägt. Bei einer unter anderem durch den Krieg in der Ukraine entstehenden Nahrungsmittelknappheit sollte möglicherweise der Anteil von Pflanzen zur Lebensmittelproduktion gesteigert werden. Der Anteil zur Futtermittelproduktion kann bei sinkenden Fleischkonsum wohl dann verringert werden. Vor dem Hintergrund der Energiekrise ist die Forderung berechtigt, den Anbau von Pflanzen zur Treibstoff- und Energiegewinnung zu forcieren. An der Stelle kommt dann noch der Klima- und Umweltschutz zum Tragen. Laut dem „Informationszentrum Landwirtschaft“ sollen etwa 25 Prozent der EU-Fördermittel in der Zeit von 2023 bis 2027 für freiwillig erbrachte Leistungen im Bereich des Umweltschutzes, des Klimaschutzes und der Biodiversität gezahlt werden. Diese und viele weitere Vorgaben werden im Rahmen der „Gemeinsamen Agrarpolitik“ (GAP) erlassen. EU-Fördermittel machen übrigens zwischen 45 Prozent und 70 Prozent des Einkommens eines Landwirtes aus, je nachdem, ob er Nebenerwerbs-Landwirt ist, oder es sich um einen Vollerwerbsbetrieb handelt. Noch eine Zahl: Im Durchschnitt erhalten die Landwirte von der EU circa 215 Euro/Hektar an direkter Subvention (Quelle: Agrarheute). Seit jeher wird den Landwirten unterstellt, dass sie „jammern“ würden. Bei meinen Recherchen fand ich unter anderem das Zitat: „Bauern kaufen ihren Kindern immer Schuhe, die zu klein sind, damit sie von klein auf das Jammern lernen.“ Ehrlicherweise muss man dabei aber anerkennen, wie schwer das Einkommen erarbeitet werden muss und von wie vielen Faktoren es abhängt. Wetter, Schädlinge, Preissteigerungen beim Dünger und vieles mehr stehen häufig genug geringen Erzeugerpreisen gegenüber. Beim Blick auf die Discounter-Preise für importiertes Fleisch kann ein heimischer Landwirt, dem Tierwohl, Qualität und Herkunft wichtiger sind als Masse, nur noch die Segel streichen. Ein Apell an die Verbraucher, weniger Fleisch zu essen, dabei aber hochwertiges, sei an dieser Stelle erlaubt. Mir ist bewusst, dass hier nur ein kleiner Teil der Aspekte in der Landwirtschaft angesprochen wurden. Je länger ich mich mit diesen Fragen beschäftigt habe, desto mehr erkenne ich, dass es wohl noch viel Zeit, viel Geld und sehr viel Hirnschmalz bei den Fachleuten erfordert, die hoffentlich wirklich etwas von der Materie verstehen, um die Diskussion vom Beginn des Textes „Teller oder Tank“ sinnvoll beenden zu können. Mit Sicherheit brauchen wir beides.
north