Auf Einladung der Stiftung Rotes Lehmhaus hat der Jurist und Verfassungshistoriker Heiko Holste sein neues Buch „Der Freistaat Schaumburg-Lippe und Staatsrat Heinrich Lorenz. Eine biographische Demokratiegeschichte 1918 bis 1933“ in der Abtei vorgestellt. Die zahlreichen Besucher des gut gefüllten Veranstaltungsraums verfolgten den kurzweiligen und informativen Vortrag mit großem Interesse. Holste zeichnete die Geschichte des kleinsten Gliedstaates der Weimarer Republik nach, der sich trotz der politischen Krisen im Reich über Jahre als stabiler demokratischer Freistaat behaupten konnte. Während andernorts Regierungskrisen und politische Radikalisierung den Alltag prägten, verfügte die Sozialdemokratie in Schaumburg-Lippe lange über eine absolute Mehrheit im Landtag und nutzte diese für eine aktive Sozialpolitik, den Schutz der Republik und eine Erneuerung der Verwaltung. Noch 1933 regierte hier eine republiktreue sozialliberale Koalition.
Im Mittelpunkt des Buches steht der Staatsmann Heinrich Lorenz (1870 – 1947), der den Übergang von der Monarchie zur Republik maßgeblich organisierte, die Arbeiterbewegung im Land aufbaute und bis zu seiner Absetzung am 9. März 1933 durch die nationalsozialistischen Reichskommissare als letzter sozialdemokratischer Regierungschef eines deutschen Landes amtierte. Besondere Aufmerksamkeit fanden die lokalen Bezüge des Vortrags. Steinhude und Großenheidorn gehörten damals zu Schaumburg-Lippe, entwickelten sich politisch jedoch gegensätzlich. Während Steinhude sozialdemokratisch geprägt blieb, wurde Großenheidorn zu einer Hochburg der NSDAP. Holste machte zudem deutlich, dass frühere NSDAP-Mitglieder nach 1945 in Teilen erneut kommunale Verantwortung übernahmen und teilweise bis in die Nachkriegszeit hinein hohe Ämter bekleideten.
In der anschließenden Fragerunde wurden diese historischen Linien intensiv diskutiert. Die lebhafte Beteiligung zeigte, wie aktuell die Auseinandersetzung mit regionaler Demokratiegeschichte auch heute noch ist. Heiko Holste, 1971 in Großenheidorn geboren, ist Jurist und Verfassungshistoriker und arbeitet als Ministerialrat im Bundespräsidialamt. Die Stiftung Rotes Lehmhaus zeigte sich sehr zufrieden mit der Resonanz der Veranstaltung.