Ab ersten Januar des kommenden Jahres soll die Mehrwertsteuer auf Speisen in Restaurants von 19 auf 7 Prozent gesenkt werden. So sieht es der Koalitionsvertrag der Bundesregierung vor. Im Endspurt, vor entscheidenden Abstimmungen dazu, grätscht Niedersachsens Finanzminister Gerald Heere (Grüne) mit der Warnung dazwischen, dass für die Bundesländer zu hohe Kosten dadurch entstehen würden. Außerdem fordert er die Bundesregierung dazu auf, mehr gegen die Steuerhinterziehung im Gastrogewerbe zu unternehmen. Wer von Steuersenkungen profitieren wolle, müsse auch mehr gegen die alltägliche Steuerhinterziehung unternehmen, so der Minister. Gemeint ist damit in erster Linie die Registrierkassenpflicht.
Steckt ein Generalverdacht dahinter? – Die Registrierkassenfrage sei ebenfalls im Koalitionspapier enthalten. Warum das Thema auf einmal so aufkommt, kann sich Renate Mitulla, Geschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA) Niedersachsen, nicht beantworten, wie sie auf Anfrage erklärt. Einen Generalverdacht sehe sie nicht hinter der Äußerung des Ministers. Mitulla: „Ich habe dazu eine andere Lesart. Das ist Politikersprache. Schwarze Schafe gibt es überall. Aber wir sind auch nicht bereit, uns vor diese Schwarzen Schafe zu stellen. Wir werden abwarten, wie sich das Ganze entwickelt.“ Sie vermute, dass der Minister mit diesem Vorstoß den Bund dazu auffordern möchte, für einen finanziellen Ausgleich der Länder zu sorgen, wenn die Mehrwertsteuersenkung wie geplant eingeführt wird. Minister Heere sprach hierbei von einem Steuerverlust für Niedersachsen in Höhe von rund 800 Millionen Euro, in den Jahren 2026 bis 2030.
Schon vor zwei Jahren hätten sie mit dem Finanzminister über diese Fragen gesprochen, so Mitulla weiter. Bei diesem Gespräch habe er „auch über den Steuereinnahmenausfall für Niedersachsen gesprochen“. Trotz alledem „benötigen wir die Senkung von 19 auf sieben Prozent“. Daraufhin habe er sich derart geäußert, „dass er in diesem Fall auch von der Gastronomie erwartet, dass sie etwas tut“. Daraus ging sein Vorschlag der Registrierkassenpflicht hervor. Die DEHOGA zeigte sich entsprechend offen, allerdings in Verbindung mit der Frage, „ob dann nicht kleine Betriebe mit der Anschaffung überfordert wären“. Zusätzlich gäbe es Fragen zu klären, wie mit den Schützenfesten, und weiteren Großveranstaltungen in diesem Zusammenhang umgegangen werde, so Mitulla.
„Der Minister muss mit noch mehr Steuerausfall rechnen, wenn noch mehr gastronomische Betriebe aufgeben müssen. Alle Gastronomiebetriebe warten nur auf die Steuersenkung in der Hoffnung, dass sie dann zurechtkommen. Derzeit schreiben alle, die ein Restaurant betreiben, Rote Zahlen. Es sind bisher diese zwölf Prozent, die in der Kasse fehlen“, erklärt Klaus Pittack, Vorsitzender DEHOGA-Kreisverband Schaumburg und Hotelier in Bad Nenndorf. Wenn der Minister aufführe, dass in einem Drittel der kontrollierten Kassen der Gastronomie in Niedersachsen Verstöße festgestellt würden, „dann heißt das aber auch, dass wir hierbei vom Imbiss und Co sprechen. Man kann nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Die Betriebe, die in der DEHOGA organisiert sind, bei denen gibt es keine illegale Kassenführung“, betont er nachdrücklich.
„Für uns Wirte ist die Registrierpflicht eine Kontrollfunktion, die wir unbedingt brauchen. Wir sind froh darüber, dass es sie gibt und wir haben sie für viel Geld angeschafft. Man kann damit nur eine Rechnung ziehen, wenn wir Sie auch gebongt haben. Somit ist die Kassensicherheit da und die Kassensysteme sind sehr gut abgesichert. Man müsste schon viel kriminelle Energie aufbringen, um das zu umgehen. Jede einzelne Buchung wird aufgezeichnet und kann jederzeit vom Finanzamt abgerufen werden. Mehr geht nicht. Außer, man würde einen Finanzbeamten direkt neben jede Kasse stellen“, sagt Pittack. Und letztlich gibt der erfahrene Hotelier zu bedenken: „Dreiundzwanzig EU-Staaten haben reduzierte Mehrwertsteuern, nur Deutschland nicht. Deutschland ist hier ein Sonderfall.“
Für den Niedersächsischen Finanzminister bleibt es nach Informationen dieser Zeitung zunächst dabei, dass er gerade aus der Sicht der steuerlichen Mindereinnahmen die Sache vor den Bundesrat tragen wird.