„In Demut vor den Opfern” | Wunstorfer-Stadtanzeiger

09.11.2025 08:32

„In Demut vor den Opfern”

Reinigt die Namenstafeln: Landesbischof Ralf Meister. (Foto: Rebekka Neander)
Reinigt die Namenstafeln: Landesbischof Ralf Meister. (Foto: Rebekka Neander)
Reinigt die Namenstafeln: Landesbischof Ralf Meister. (Foto: Rebekka Neander)
Reinigt die Namenstafeln: Landesbischof Ralf Meister. (Foto: Rebekka Neander)
Reinigt die Namenstafeln: Landesbischof Ralf Meister. (Foto: Rebekka Neander)

Auf Initiative der Bischofskanzlei der Landeskirche Hannovers haben am Vortag des Reformationstages (30. Oktober) Landesbischof Ralf Meister, der Präsident des Landeskirchenamtes Jens Lehmann, Regionalbischof Friedrich Selter aus Osnabrück und Christoph Dahling-Sander, Geschäftsführer der Hanns-Lilje-Stiftung, die Außenanlagen der Gedenkstätte Ahlem (Hannover) gereinigt. Sie säuberten unter anderem die Namenstafeln der noch bis kurz vor Kriegsende auf dem Gelände der heutigen Gedenkstätte ermordeten Menschen jüdischen Glaubens sowie eine Reihe der Schaukästen in der Gartenanlage.

Ralf Meister sagt: ”Wir wollen mit unserer Aktion den Opfern des Nationalsozialismus eine Ehre erweisen. Gerade vor dem Hintergrund der Schändung der Namenstafeln im Oktober vergangenen Jahres.” ”Wir leisten diesen symbolischen Dienst in Demut vor den Opfern. Das Leid, das sich hinter jeder einzelnen Namenstafel verbirgt, macht mich sprachlos. Diese Reinigungsaktion ist für mich zudem eine ganz besondere Art, sich diesen Schicksalen zu nähern”, ergänzt Jens Lehmann.

Begleitet wurde die Gruppe von Rubina Kamal, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der von der Region Hannover getragenen Gedenkstätte arbeitet. Während der Reinigung der Namenstafeln erläuterte sie den Gästen, wie sich die Personengruppen an der „Wand der Namen” unterscheiden und welche Bedeutung die unbeschrifteten Tafeln in Erinnerung beispielsweise an ungeborene oder noch nicht registrierte Kinder sowie Opfer von Massenerschießungen haben.

So viele Besucher wie nie

Über 15.000 Menschen haben in diesem Jahr die Gedenkstätte besuchrt. Rund 1.300 nahmen an einer Führung durch die Ausstellung teil, etwa 4.500 absolvierten einen der insgesamt über 150 Workshops, circa 1.200 nutzten das Veranstaltungsprogramm mit Vorträgen und Lesungen oder die Gedenktage für einen Besuch und mehr als 8.000 Menschen folgten der Einladung zum Denk.Mal.Garten.Fest, bei dem Ende Juni insgesamt über ein Dutzend internationale Bands aufgetreten waren. „Die Zahlen zeigen, dass die Gedenkstätte Ahlem ein Lernort ist, der die Menschen anspricht. Das Team vor Ort leistet wertvolle Erinnerungsarbeit, vermittelt demokratische Grundwerte und sensibilisiert für ein offenes und tolerantes Miteinander“, betont Regionspräsident Steffen Krach. Das pädagogische Angebot werde aktuell erweitert, um die Lehren aus der Geschichte des Ortes im kommenden Jahr auch Schülern der vierten Klassen altersgerecht vermitteln zu können. Die ersten Workshops in Ahlemer Grundschulen seien super gelaufen, ”darauf bauen wir jetzt auf“, so Krach. Das Workshop-Angebot für Grundschulen wird ab 2026 buchbar sein.

„Mit Ausnahme des entstehenden Grundschulprojekts richtet sich unser Angebot aktuell an Schulgruppen von der 9. Klasse aufwärts“, erklärt Stefanie Burmeister, Leiterin der Gedenkstätte Ahlem. „Wir bieten zunächst einen Basis-Workshop an, in dem den Schülern die Geschichte des Hauses und ihre Bedeutung für die Gegenwart anhand von Biografien vermittelt wird. Künftig wollen wir für Schulgruppen nach dem Basis-Workshop auch Vertiefungsthemen anbieten, um weiter in die Geschichte einzusteigen.“ Zudem können Schulgruppen weiterhin das „Tandem interreligiös/interkulturell“ buchen, das auf den Dialog statt auf Polarisierung setzt. Für die nächsten zwei Jahre sind bereits 70 Anfragen für Workshops und Führungen eingegangen.

Lehrkräfte, Schulklassen und -gruppen, die das pädagogische Angebot der Gedenkstätte Ahlem nutzen möchten, können sich an das Team der Gedenkstätte Ahlem, Heisterbergallee 10, 30453 Hannover, wenden. Telefon 0511/616-23745, E-Mail: gedenkstaette@region-hannover.de. Alle Infos auf www.gedenkstaette-ahlem.de.

Seminarangebot

Die Gedenkstätte bietet außerdem ein zweitägiges Seminar zu rechter Gewalt und Zivilcourage an: Neben einem Besuch der Gedenkstätte gibt es die Gelegenheit zum Gespräch mit Felix Benneckenstein, einem Aussteiger aus der rechtsextremen Szene, der bei der Aussteigerhilfe Bayern heute Menschen berät, die mit dem Rechtsradikalismus brechen wollen.

  • Termin ist Freitag, der 28. November, 15 Uhr, und Samstag, 29. November, 10 Uhr.


André Tautenhahn (tau)
André Tautenhahn (tau)
Freiberuflicher Journalist
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