Ackerbau und Milchviehherden, eine kleine aber feine Pferdezucht, 170 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche und 80 Hektar Wald, der Betrieb dazu seit zehn Jahren nach Naturland-Richtlinien bewirtschaftet - was Carsten Niemeyer sein eigen nennt, ist ein recht ansehnlicher Betrieb. Einer, der etlichen anderen aber auch ähnelt. Zwar hat er schon vor vielen Jahren seine Existenz auf breiteren Raum gestellt und einige Ferienwohnungen eingerichtet. Außerdem war da die Überlegung, kulturelle Veranstaltungen anzubieten – kleine Konzerte etwa. Die Umgebung, meinte Niemeyer, würde das hergeben. Schließlich lebt und arbeitet er nicht auf irgendeinem Bauernhof sondern auf einem Rittergut, das sogar noch eine höchst interessante Geschichte hat, da sein Bau im Jahr 1545 auf Clamor von Münchhausen zurückgeht – einen Vorfahren des berühmten ‚Lügenbarons’. Ein hübsches Dorf ist Brokeloh ohnehin und wurde deshalb auch beim Wettbewerb ‚Unser Dorf hat Zukunft’ hoch prämiert. Was dann aber mit einem Anruf auf Niemeyer zukam, hat er keinesfalls vorausgeahnt. Damals waren die Initiatoren des ‚Conquest of Mythodea’ auf der Suche nach einer geeigneten Spielfläche. Viel Land wollten sie haben, möglichst mit kleinen Wäldern und Hecken durchsetzt, wenig störende Bauten in der Nähe und eine gute Infrastruktur. Jemand, der dieses alles habe und außerdem kooperativ an der Organisation mitwirken möge – das suchten sie. Ob sie bei Niemeyer wohl an der richtigen Stelle seien? Wie sich bald herausstellte, waren sie das. Der Landwirt ließ sich das Vorhaben erklären, wurde neugierig, traf sich mit den Spiel-Machern und schon bald waren sie sich einig.
Und so kommt es nun, dass demnächst wieder Heere mit Schwertern und Bögen aufeinander losgehen, wo ansonsten die Muttertierherden von Niemeyer wiederkäuen. Wo in anderen Monaten die Pferde über das Feld galoppieren, entstehen riesige Zelt-Städte.
Ein ganzes Schiff wird aufgebaut, in dem eine Taverne zum Verweilen einlädt. Marktschreier preisen ihre Waren von 30 Kilogramm schweren Rüstungen bis zu Schrumpfköpfen an. Und all das wird bevölkert von fantastischen Wesen – Elben und Orks, Goblins und Faunen, Piraten und Meuchelmördern, Heilern und Magiern. Die allesamt dorthin kommen, um in eine andere Welt einzutauchen und mit rund 8.000 Teilnehmern Teil eines großen Spiels zu sein. Er selbst, sagt der Landwirt, sei einer der wenigen, die sich auf dem Gelände in Arbeitskleidung sehen lassen könnten, ohne schief angeguckt zu werden.
Ein wenig Spaß an diesem fantastischen Völkchen müsse schon sein, meint Niemeyer, um das Jahr für Jahr zu machen. Den habe er – und manche gute Bekannte unter den Spielern. Wie etwa den Landwirt aus der Schweiz, der vor Jahren spontan auf dem Trecker aushalf, als kurz vor Spielbeginn noch Palisaden auf dem immerhin 55 Hektar großen Spielfeld verteilt werden mussten. Seitdem bekomme er bei jedem Conquest eine Einladung zum Käsefondue im Lager der Stadtwache, zu der der Schweizer gehöre. Einer Wikinger-Gruppe, der es so gut in Brokeloh gefiel, dass sie nicht nur einmal im Jahr dorthin kommen wollte, hat er an manchem Wochenende einen Platz in seinem Schafstall eingeräumt. Dort können die Wikinger sich wie im Langhaus fühlen.
Dass dieses Live-Rollenspiel und nicht etwa ein Musikfestival wie Wacken auf seinem Gelände stattfindet, ist Niemeyer durchaus recht. Mit anderem ließe sich vielleicht mehr Geld verdienen. Sehr positiv ist für ihn aber, dass beim Conquest das Spiel und nicht der Umsatz von möglichst vielen Getränken im Vordergrund steht. Dann aber hat er es doch eilig. Einige Wochen dauert es zwar noch, bis die ersten Trupps zum Aufbau anrücken. Aber auch in den vielen Monaten zwischen dem Spiel steht für ihn immer wieder Arbeit mit dem Rollenspiel auf dem Plan. Momentan, erzählt er, werde ein weiteres Stück einer Wasserleitung verlegt. Viele tausend Menschen verbrauchen auch viele tausend Liter Wasser – da muss vorgesorgt werden.
Und Organisation ist auch für den fantastischen Mittelaltermarkt noch notwendig, bei dem er einer der Veranstalter ist. Dort sind alle als Gäste willkommen, auch wenn sie nicht entsprechend gewandt sind. Donnerstag, 7. August, 14 bis 23 Uhr, Freitag, 8. August, 12 bis 23 Uhr, und Sonnabend, 9. August, 10 bis 24 Uhr, können sich alle Neugierigen dafür schon vormerken. Foto: jan