Julia Fürst soll zum 1. Juli 2025 die Geschäftsführung des Zweckverbands Abfallwirtschaft Region Hannover (aha) übernehmen. Die Entscheidung darüber fiel bereits im Januar. Die 42-jährige Betriebswirtin tritt damit die Nachfolge von Thomas Schwarz an, dessen Vertrag ausläuft. Fürst ist seit 2016 bei Gelsendienste tätig (Leitung der Abteilung Kreislauf- und Entsorgungswirtschaft), dem kommunalen Entsorger der Stadt Gelsenkirchen, der aktuell wegen eines möglichen Betrugsskandals Schlagzeilen macht.
Demnach sollen über mindestens zehn Jahre hinweg bei Gelsendienste Rechnungen für nicht erbrachte Leistungen beglichen worden sein, die von der Stadtmarketinggesellschaft Gelsenkirchen (SMG) gestellt wurden. Interne Ermittlungen ergaben, dass mindestens fünf Mitarbeitende – teils in Führungspositionen – zusätzlich zur regulären Beschäftigung bei Gelsendienste auf Minijob-Basis bei der SMG angestellt waren, ohne dort tatsächlich zu arbeiten. Insgesamt geht es um rund 175.000 Euro, wie die WAZ berichtet. Das System diente offenbar dazu, ehemalige und aktive Mitarbeitende über das Rentenalter hinaus oder mit zusätzlichen Zahlungen zu halten – unter Umgehung tariflicher Regelungen. Die Stadt Gelsenkirchen sieht darin ein unrechtmäßiges Vorgehen und hat das Landeskriminalamt eingeschaltet sowie Rückforderungen angekündigt. Die Ermittlungen dauern an, viele Fragen bleiben bislang unbeantwortet.
Was hat das mit der Personalie Julia Fürst zu tun? Laut einem Bericht der HAZ soll Fürst kurz vor ihrem Wechsel nach Hannover von ihrem bisherigen Arbeitgeber, den Gelsendiensten, fristlos gekündigt worden sein. Fürst selber lässt über ihren Anwalt lediglich eine arbeitsrechtliche Auseinandersetzung mit ihrem derzeitigen Arbeitgeber bestätigen. Weitere Angaben gibt es nicht. Die Gruppe CDU/FDP in der Regionsversammlung zeigt sich angesichts der Schlagzeilen über Missstände bei den Gelsendiensten besorgt. „Die vergangenen und aktuellen Geschehnisse bei den Gelsendiensten müssen uns in der Region Hannover aufhorchen lassen“, warnt der abfallpolitischer Sprecher der Gruppe, Rolf-Axel Eberhardt. Besonders kritisch sieht er die angeblich fristlose Kündigung Fürsts bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber. „Das ist ein ernstzunehmendes Warnsignal“, so Eberhardt. Die CDU/FDP fordert daher umfassende Aufklärung über Fürsts Rolle bei den Vorfällen in Gelsenkirchen. Auch von der Regionsverwaltung erwartet die Gruppe entschlossenes Handeln. „Im Zweifel muss die Personalentscheidung neu bewertet werden. Wer an der Spitze eines Unternehmens wie aha steht, trägt Verantwortung für über 2.000 Mitarbeitende“, so Eberhardt.
Zu Beginn des Jahres begrüßten alle Gremien die Personalentscheidung einhellig. Lob gab es beispielsweise von Jens Palandt, Erster Regionsrat und Umweltdezernent der Region Hannover sowie Vorsitzender der aha-Verbandsversammlung: „Mit Julia Fürst begrüßen wir eine Geschäftsführerin, die langjährige Erfahrung in einem kommunalen Entsorgungsunternehmen mitbringt. Sie wird zentrale Themen wie Digitalisierung, Automatisierung sowie Klima- und Ressourcenschutz voranbringen.“