Bürger mischen sich ein | Wunstorfer-Stadtanzeiger

Bürger mischen sich ein

Die Bürger hatten Redebedarf zur Neugestaltung der Innenstadt.  (Foto: gi)
Die Bürger hatten Redebedarf zur Neugestaltung der Innenstadt. (Foto: gi)
Die Bürger hatten Redebedarf zur Neugestaltung der Innenstadt. (Foto: gi)
Die Bürger hatten Redebedarf zur Neugestaltung der Innenstadt. (Foto: gi)
Die Bürger hatten Redebedarf zur Neugestaltung der Innenstadt. (Foto: gi)

„Es gibt keinen Zwist, wir arbeiten mit der Stadt seit eineinhalb Jahren zusammen“, sagte der Vorsitzende der Werbegemeinschaft, Bernd Heidorn. Allerdings seien nach der öffentlichen Veranstaltung im Mai, die nicht zielführend und auch zu theoretisch gewesen sei, noch viele Fragen in der Kaufmannschaft zur Umgestaltung der Fußgängerzone aufgekommen. Darum lud die Werbegemeinschaft zu einer Diskussion ein, sie wurde von der Abtei davor auf die Wiese des Ville-de-Flers-Platz unter die Bäume verlegt.

Geschätzt kamen 250 Wunstorfer zusammen. „Es müsse eine verantwortungsvolle Weiterentwicklung sein und diejenigen, die es betrifft, ausführlich informiert werden“, sagte Heidorn. Die Innenstadt solle verbessert werden, aber auch erhalten bleiben, sie sei nach wie vor ein Erfolgsmodell. Heidorn könne nicht erkennen, dass die Fußgängerzone nicht mehr zeitgemäß ist. Er sei für eine Umgestaltung in kleinen Schritten mit weniger Geld. Zum vorgeschlagenen Arbeitskreis sagte der Vorsitzende der Werbegemeinschaft, er hätte früher eingesetzt werden sollen. Heidorn wünscht sich die Umsetzung der Wortbeiträge, er setzt auf die Gemeinsamkeit zwischen Bürgern, Stadt und Politik.

Bürgermeister Carsten Piellusch findet es richtig, dass an die Mai-Veranstaltung angeknüpft wurde. Es gebe Sorgen, darum sei ein Dialog mit den Bürgern wichtig. Die Fußgängerzone wurde 1982 eingeweiht, sie soll auch künftig überzeugen. Darum seien viele Dinge wichtig. „Die Bürger wünschen sich mehr Stadtgrün und Bäume und mehr Angebote für Kinder sowie eine Verbesserung der Aufenthaltsqualität.” Auch seien die Abwasserkanäle marode und müssten erneuert werden, schließlich gehe es auch um die Heizung, im Jahr 2044 sei Schluss mit Gas und Öl. Es gelte, Alternativen rechtzeitig vorzubereiten. Piellusch nannte auch das Thema Sicherheit bei größeren Veranstaltungen, er sprach von der möglichen Anschaffung von versenkbaren Pollern. Bislang sorgten Lkws von Unternehmen des Bauhofes oder der Feuerwehr für Sicherheit. „Wir müssen heute was tun für morgen und übermorgen“, so der Bürgermeister.

Noch sei nichts entschieden, die 12 Planungsbüros würden im November ihre Arbeiten präsentieren. Piellusch rief zum Mut für Veränderungen auf, auch Kinder und Kindeskinder sollen sagen „Wunstorf ist die schönste Innenstadt in der Region.“ Es müsse jetzt gehandelt werden, der Bürgermeister lehnt eine Flickschusterei ab.

Wie zu erwarten, gab es reichlich Fragen aus dem Publikum. Die beantwortete Frank Schlegelmilch vom Planungsbüro BPW aus Bremen, es arbeitet mit der Stadt seit einigen Jahren zusammen. Schlegelmilch wies auf den Wettbewerb von zwölf Top-Planungsbüros hin, der Plan des Wettbewerbsgewinners sei nicht mit einem Detailplan für die Umsetzung der Maßnahmen verbunden. Die Beteiligung der Bürger sei wichtig und werde auch erwünscht. Natürlich werde geprüft, ob die vorhandenen Materialien verwendet werden können, die Barrierefreiheit gehe damit einher. „Es muss behutsam umgegangen werden, auf jeden Fall bleiben die Brunnen erhalten“, so Schlegelmilch. Befürchtet wird von den Kaufleuten eine lange Bauzeit. Mit dem Beginn der Arbeiten wird im Jahr 2028 gerechnet.

Weitere Infos

Von der Bürgerbeteiligung bis zur Jury

Für die Neugestaltung der Innenstadt gibt es Fördermittel, die Stadt hat im zweiten Anlauf die Zusage dafür bekommen. Doch wer das Geld haben will, muss bestimmte Verfahrensschritte einhalten. Einer dieser Schritte ist der aktuell stattfindende Wettbewerb zur Umgestaltung der Fußgängerzone. Zwölf Planungsbüros sind damit beauftragt, ihre Ideen für die Fußgängerzone zu Papier zu bringen.

Eine Jury wird die Vorschläge dann auswerten und eine Entscheidung treffen. Die Jury setzt sich zusammen aus fünf Sachpreisrichtern. Dazu gehören Bürgermeister Carsten Piellusch, Ortsbürgermeister von Wunstorf Thomas Silbermann, die Vorsitzende des Bauausschusses Kirsten Riedel, Baurat Alexander Wollny und ein Vertreter der Werbegemeinschaft. Dass die Vertreter aus der Politik der SPD angehören, ist rein zufällig und an die entsprechenden Funktionen geknüpft. Zu der Jury gehören weiter sechs Fachpreisrichter, welche auch die Stimmenmehrheit haben.

Auf Nachfrage der Stadt haben sich über 1500 Bürger im Vorfeld digital an der Befragung zur Innenstadtsanierung beteiligt, es seien 400 Textbeiträge online eingegangen und diese wurden 26.000 mal bewertet. Zum Projekt können weiter Fragen gestellt werden, Vorschläge fließen in dieser Phase aber nicht mehr in die Arbeit der Planungsbüros mit ein. Mit deren Ergebnissen ist im Oktober/November zu rechnen und werden öffentlich ausgestellt, anschließend soll es weitere Beteiligungsformate geben.

Für die Veranstaltung der Werbegemeinschaft sollte ursprünglich die Abtei genutzt werden, aber der Platz reichte für die zahlreichen Besucher nicht aus, so dass im Freien auf die Wiese vor der Abtei ausgewichen wurde. Die Stadt hatte eine umfangreiche Präsentation über die Maßnahme geplant. Darin waren auch Fotos von dem Zustand der Kanalisation in der Innenstadt und Sanierungen von Fußgängerzonen anderer Städte zu sehen. Leider kam es nicht zur Präsentation, ein von der Stadt angebotener „Umzug“ in das Stadttheater sei von der Werbegemeinschaft abgelehnt worden.

Die Entscheidung wird von der Stadt bedauert, da sie ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit festgestellt und sich auch insbesondere auf Kritikpunkte der Werbegemeinschaft vorbereitet hat. Die Informationen sollen aber in anderer geeigneter Weise der Öffentlichkeit präsentiert werden.

    Kommentar

    Meinung der jungen Familien ist gefragt

    Ich konnte es gar nicht glauben, dass geschätzt rund 250 Wunstorfer sich über die Neugestaltung der Innenstadt ein Bild machen wollten. Das ist ein gutes Zeichen, wenn die Vorschläge dann auch zu diesem zu spät gekommen sind. Es gab zahlreiche auch sehr kritische Wortbeiträge, einige hatten nichts mit der neuen Innenstadt zu tun, wie Barneplatz und Barnekreisel. Aber es konnte einmal „Luft“ abgelassen werden, Bürgermeister und Verwaltung mussten sich einiges anhören.

    Angst haben die Kaufleute bezüglich der Baumaßnahme, sie fürchten Kundenrückgänge, was die Existenz gefährden könnte. Unsere Stadt ist doch schön und attraktiv, warum ist dann eine Neugestaltung überhaupt nötig, fragten sich einige, es soll so bleiben wie es ist. Ich bin anderer Meinung. Es gibt immer etwas zu verbessern, schließlich ist die Innenstadt nunmehr auch schon über 40 Jahre alt. Doch ich als gebürtiger Wunstorfer im 8. Lebensjahrzehnt, maße es mir nicht an, weitreichende Vorschläge zu machen. Das müssen andere Generationen und besonders junge Familien mit Kindern tun.

    Dafür sollte die Stadt die Ergebnisse der 12 Top-Planungsbüros vor der Bewertung durch die Jury ins Internet stellen. Und auch wenn es nicht dem formalen Ablauf entspricht, sollten zukunftsfähige Vorschläge in die letztliche Entscheidung der Jury mit eingebunden werden. Die Verwaltung sollte sich überlegen, ihre Organisation so auszurichten, die Bürger in Entscheidungsprozesse rechtzeitig und transparent mit einzubeziehen. Einmal mehr zu informieren ist immer besser als zu wenig oder gar nicht. Ich stehe der Neugestaltung der Innenstadt positiv gegenüber und freue mich auf die Ergebnisse der Planungsbüros.


      Hans-Heiner Giebel (gi)
      Hans-Heiner Giebel (gi)

      Freier Journalist

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