Es gibt Geld. Das Land Niedersachsen hat Überschüsse gebildet, die an die Kommunen fließen sollen. Die neue Bundesregierung hat sich wiederum vorgenommen, über ein Sondervermögen künftig mehr Investitionen zu ermöglichen. Doch nach Jubelsprüngen ist bislang niemandem zumute. Denn klamme Kassen sind nur ein Teil des Problems. Sehr viel schwieriger zu lösen ist das Thema Bürokratie. Ende Mai wollen dazu die kommunalen Spitzenverbände ein Papier vorlegen. Der Stadtanzeiger hat mit dem Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Städtetages, Jan Arning, gesprochen.
Der war zuletzt im Ortsrat Wunstorf zu Gast, um die Ehrung eines verdienten Ortsratsmitglieds vorzunehmen. Dabei betonte er die herausragende Bedeutung kommunalpolitischer Arbeit, von der das Vertrauen in die Demokratie ganz wesentlich abhänge. Die Ortsräte wiesen wiederum darauf hin, dass es mit Blick auf die städtischen Finanzen immer schwieriger werde, beispielsweise freiwillige Leistungen zu erhalten oder Investitionen nicht nur anzukündigen und zu beschließen, sondern auch tatsächlich umzusetzen. Der Frust der Bevölkerung nehme daher spürbar zu, weil das versprochene „Machen” zunehmend einer Karikatur gleicht.
Besonders auffällig: Baustellen werden nicht fertig, wie der Kreisverkehr im Stadtteil Barne. Andere Vorhaben, wie der Ausbau eines kleinen Teils der Nordstraße (etwa 80 Meter Straße), werden aus Kostengründen sogar aufgeteilt und getrennt vergeben, mit dem Ergebnis, das das neue Pflaster mitten auf der Straße endet. Die fehlerhafte Ausführung im ersten Bauabschnitt ist da noch gar nicht inbegriffen, trägt aber auch dazu bei, dass Anlieger und Beobachter gleichermaßen berechtigte Kritik üben. Zu spüren bekommen das Stadt und die Kommunalpolitik. Der Rechtfertigungsdruck nimmt zu und das Vertrauen schwindet. Als Ursache des Übels hat man die bürokratischen Vorgaben ausgemacht. Allerdings will die Stadt auf Nachfrage nicht näher erklären, welche Regelungen im Einzelnen stören. Man verweist auf die kommunale Interessenvertretung.
Jan Arning will wiederum dem Papier der kommunalen Spitzenverbände, das am 28. Mai vorgestellt werden wird, nicht vorgreifen, nennt im Gespräch mit dem Stadtanzeiger aber einige wichtige Punkte. Da wäre das Niedersächsische Tariftreue- und Vergabegesetz, das die Vergabe öffentlicher Aufträge regelt. Gefordert wird insbesondere die Anhebung der Wertgrenzen für sogenannte Direktvergaben. Das würde dabei helfen, den bürokratischen Aufwand bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zu reduzieren und die Prozesse effizienter zu gestalten. ”Das Vergaberecht ist zu kompliziert geworden”, so Arning. Die Kommunen bräuchten an dieser Stelle mehr Beinfreiheit. Die bisherigen Regelungen zwingen Kommunen zu Ausschreibungsverfahren, die dann zu unwirtschaftlichen Ergebnissen führen, auch deshalb, weil sich viele Unternehmen daran gar nicht mehr beteiligen. Einfacher wäre es, wenn man es den Kommunen daher erlauben würde, Angebote direkt einzuholen und Aufträge entsprechend direkt zu vergeben. Gerade kleine und mittlere Unternehmen könnten von vereinfachten Zugängen zu öffentlichen Aufträgen profitieren.
Bürokratieabbau heißt aus Sicht von Arning aber auch, die Kontrollstellen auf der zwischenstaatlichen Ebene abzuschaffen. ”Wir brauchen keine Landesbehörden, die den Kommunen bescheinigen, dass sie alles richtig machen”, so Arning. Es gebe aus seiner Sicht schon genügend öffentliche Kontrolle, etwa durch politische Gremien oder die Presse. Der künftige Ministerpräsident Olaf Lies müsse nun den Rollenwechsel hinbekommen, sagt Arning. Als Wirtschaftsminister war er aktiv in den Dialog mit den kommunalen Spitzenverbänden eingebunden. Als designierter Ministerpräsident wird von ihm erwartet, dass er die Reform der Kommunalfinanzen weiter vorantreibt. Verhandelt werden soll bis Herbst. Denn noch vor dem Beschluss des Landeshaushalts 2026 soll es ein Ergebnis geben. So haben es jedenfalls die kommunalen Spitzenverbände und die Landesregierung im März bei der Unterzeichnung des „Paktes für Kommunalinvestitionen” vereinbart.