Die Stadt wagt einen neuen Anlauf zur Entwicklung des ehemaligen Vion-Geländes. Mit einem überarbeiteten Konzept will sie die festgefahrenen Gespräche mit der Eigentümergesellschaft Deutsche Siedlungsbau (Neue Mitte Wunstorf) wiederbeleben. Die zeigt sich gesprächsbereit. Doch der Reihe nach.
Der Wohnungsbau steckt bundesweit in der Krise und auch in Wunstorf sind die Auswirkungen spürbar. Seit Jahresbeginn zählt die Stadt offiziell zu den Kommunen mit angespanntem Wohnungsmarkt. Die Politik ringt seitdem um den richtigen Kurs. Dabei gäbe es mit dem ehemaligen Vion-Gelände durchaus Potenzial für neue Wohnangebote. Doch die Verhandlungen zwischen Stadt und Investor scheiterten. Nun unternimmt die Verwaltung einen neuen Anlauf und bringt mit einem überarbeiteten Konzept einen eigenen Lösungsvorschlag in die Diskussion. Stadtbaurat Alexander Wollny stellte die Idee am Donnerstagabend (18. September) im Bauausschuss vor.
Der Investor hatte im vergangenen Jahr erklärt, die ursprünglich favorisierte Planungsvariante V1 „Anknüpfen“ aus wirtschaftlichen Gründen nicht weiterverfolgen zu wollen. Der Stadtrat beschloss außerdem eine Veränderungssperre für das Gelände, um die aktuelle Bauleitplanung zu sichern. Nun erklärt die Stadt, dass sie das Büro Octagon Architekturkollektiv im Sommer beauftragt hat, die Variante V1 weiterzuentwickeln und dabei insbesondere die bauliche Ausnutzung des Geländes zu optimieren. Damit ließe sich auch der gewünschte urbane Charakter eines künftigen Wohngebiets unterstreichen.
Demnach konnte die Bruttogeschossfläche gegenüber der skizzenhaften Fassung aus dem Jahr 2023 um rund ein Drittel gesteigert werden, von geschätzten 31.300 auf 41.861 Quadratmeter, ohne das ehemalige Verwaltungsgebäude und die geplanten Mobility-Hubs mitzurechnen. Auch im Vergleich zur Masterplanung von 2020 ergebe sich ein ähnlicher Zuwachs, wie Wollny im Bauausschuss sagte. Er korrigierte damit widersprüchliche Angaben, die in einer Pressemitteilung gemacht werden, die zuvor an die Medien verschickt worden war.
Die Flächensteigerung schlage sich vor allem im Geschosswohnungsbau nieder. Damit will die Stadt auf den wachsenden Bedarf an kleinen Wohnungen für Einpersonenhaushalte und Paare reagieren. Besonders gefragt sind barrierefreie, seniorengerechte und bezahlbare Wohnungen. Die zentrale Lage des Areals in unmittelbarer Nähe zu Bahnhof und ZOB macht das Gelände besonders geeignet für eine solche Nutzung, heißt es. Gleichzeitig bliebe ausreichend Raum für größere Wohnungen und verdichteten Einfamilienhausbau, so dass aus Sicht der Stadt eine sozial ausgewogene Quartiersentwicklung möglich erscheint.
Auch beim umstrittenen Thema Schallschutz wurden Anpassungen vorgenommen. Statt eines ursprünglich geplanten 12 Meter hohen Walls mit aufgesetzter Wand sieht das neue Konzept eine begrünte Lärmschutzwand mit zehn Metern Höhe vor. Ihr vorgelagert ist eine bis zu fünf Meter ansteigende Freifläche. Die Wand werde demnach an ihren Enden von zwei Mobility-Hubs eingefasst, die den ruhenden Verkehr aufnehmen und zusätzliche Flächen für Wohnbebauung freimachen. Die Geschossbauten selbst würden so angeordnet, dass sie durch passive Maßnahmen wie spezielle Verglasung und Fassadengestaltung ebenfalls zum Schallschutz beitragen können. Der öffentliche Freiraum im Südwesten bleibe erhalten und ziehe sich an zwei Stellen platzartig ins Quartier hinein.
Die Stadtverwaltung plant nun, auf Grundlage der überarbeiteten Entwürfe erneut das Gespräch mit der Eigentümergesellschaft zu suchen. Die Neue Mitte Wunstorf zeigt sich derweil gesprächsbereit. Auf Nachfrage des Stadtanzeigers teilt Geschäftsführer Björn Hiss mit: ”Wir begrüßen es sehr, dass die Stadt Wunstorf nach fast zwei Jahren Stillstand nun die Gespräche wieder aufzunehmen bereit ist.” Eine Bewertung des Vorschlags will Hiss im Detail noch nicht vornehmen, da die Projektbeteiligten für eine Prüfung erst wieder an Bord geholt werden müssten.
Hiss findet es aber gut, dass einige Vorschläge seiner Planer aufgegriffen worden sind, wie etwa die Mobility-Hubs an den Quartierseingängen im Norden und Süden sowie eine deutliche Reduktion der Wandhöhe und des Wallvolumens. Jedoch blieben auch mit diesem Entwurf noch viele Fragen offen und zahlreiche Probleme ungelöst, sagt er. ”Weitere Aussagen zu unserem Vorgehen können wir erst dann tätigen, wenn wir tiefer in die Prüfung eingestiegen sind. Ein Termin mit der Stadtplanung ist in Abstimmung”, so Hiss. Stadtbaurat Wollny erklärte am Abend im Bauausschuss, dass ein Gesprächstermin für den 26. September vorgesehen sei.